Endlich geht es weiter mit Zeppelin und Düsenjäger

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In Schweinfurt lebt der majestätische Neufi-Rüde Heikki harmonisch mit der quirligen Hütehündin Liv zusammen, wie sie anders gestrickter nicht sein könnte

Teil 1: Hütehündin Livs Einzug in ein neues Leben bereitet Neufrauchen und –herrchen manche Schwierigkeiten. Und: Kurzportrait der Hunde.
Teil 2: Wie Liv Frauchen und Herrchen senkrecht aus dem 7. Neufihimmel katapultiert. Und: erste Erfahrungen eines normalsterblichen Herrchens zum Thema „Beschäftigung“.
Jetzt Teil 3: viel Aufwand mit den ersten Problemlösungen. Was Neufi Heikki so treibt. Und: weitere Erfahrungen eines normalsterblichen Herrchens zum Thema „Beschäftigung“.Von Martin Thurau

Livs gewaltiger Power wirkt sich natürlich auch auf die Hundeausflüge aus. Raus aus dem Auto, und Liv prescht in Marschrichtung vor. Eilig darf man es mit Heikki aber nicht haben. Er muss nun erstmal mindestens zwanzig Riechstellen intensiv untersuchen und markieren. Er bewegt sich dabei wie in Zeitlupe hin- und herschwenkend wie ein Zeppelin. Liv, solchermaßen angehalten, umkreist mich wie ein Düsenjäger mit irrwitzigem Tempo und fesselt mich in ihrer Leine.

40 Meter sind die Lösung

Uns wurde schnell klar, dass ohne erhebliche Ergänzungen an der Ausrüstung kontrollierbare Wanderungen mit Liv oder gar beiden Hunden nicht möglich sind. Liv stellt Anforderungen, die mit einem eher ruhigen und nachdenklichen Neufi selten relevant sind. Bei Freilauf bringt sie es in nullkommanix dertig, hektargroße Weideflächen im unberechenbaren Zickspurt nach Mauselöchern abzuscannen. Wer das noch nicht miterlebt hat, glaubt es nicht. Diesem Power haben wir fortan zu entsprechen!!

Skeptisch nahm der Hundetrainer die Bestellung einer 15-Meterleine ob deren Länge entgegen. Aber noch weit gefehlt, denn erst mit 40 Meter Feldleine kommt etwas Ruhe ins Geschäft! Liv braucht halt ihren „Arbeitsabstand“. Und so kann sie in Sicherung ihr abstruses Bedürfnis nach Hin- und-Herfetzen gut befriedigen. In unserer Umgebung gibt es dazu geeignetes, weitläufiges Gelände zuhauf.

Mein Leben teilt sich seitdem in zwei Abschnitte auf: ein Leben ohne 40-Meterleine, und nun ein Leben mit 40-Meterleine. Das ständige Entwirren, Lösen von Knoten und Befreien aus dem Unterholz, das Ertragen der starken Stöße und Schläge über die Leine ist keine leichte Aufgabe an dunklen, nassen Winterabenden weit draußen. Aber angesichts des grässlichen Todes, den die von uns törichterweise frei laufen gelassene Liv zum Ende ihres einwöchigen Ausfluges hätte erleiden können, ist das für mich zur Selbstverständlichkeit geworden.

„Miss Dynamite“

Für wie viele weitere Unbilden mussten wir uns noch wappnen. Sämtliche täglichen Zusammenstellungen und Bereitungen vor und nach den Hundewanderungen nehmen gut 1 Stunde in Anspruch. Und weil Frauchen die Belastung mit beiden Hunden nicht allein ertragen kann, hat sich sich die Anzahl der strapaziösen und nicht ungefährlichen Hundeausflüge für Herrchen um 100% erhöht, was nun eine Belastung darstellt, die über allem steht. Die letzten Monate mit einem verletzten Knie waren für Herrechen ein zweifelhaftes „Vergnügen“. Blos nicht krank werden!!

Dauerbrenner Beschäftigung (2)

Durchaus hundegerecht ist auch der samstägliche Stadtgang. Achtung im Verkehr, Menschenmengen, Gerüche in Hülle und Fülle, Gedränge auf dem Markt, zahllose begeisterte Ansprachen, Warten vor Geschäften, Begeisterung der Anwesenden beim Verweilen in Rosas netter cafebar „Duafratelli“. Die Hunde schlafen nach 2 Stunden daheim wie Murmeltiere – die Abwechselung macht´s !.

Zuhause und unterwegs: Beschäftigung ergibt sich wie von selbst

Zugegeben, da kommt tagtäglich einiges zusammen. Aber eine Wissenschaft ist das nicht. Turid Rugaas schreibt dazu: „Denken Sie nicht soviel an das Einüben von Kommandos. Denken Sie lieber an die Bindung zwischen Ihnen und Ihrem Hund – der Rest kommt von selbst“ (aus dem Buch: „Hilfe mein Hund zieht“, animal learn-Verlag).

Wenn man sich in Medien zum Thema „Hunde“ umschaut, entsteht hingegen der Eindruck, dass Begriffe wie „Erziehung, „Training, „Agility, „Clickertraining, Obedience“ usw. den neuen Hundebesitzer wie einen Kokon umgeben.Leute, die sich darauf einlassen, kommen mir mit ihren Hunden irgendwie unnatürlich und verkrampft vor.

Wir hingegen waren mit dem Wahn „Unser-Hund-muss-frei-laufen“ infiziert. Liv verhielt sich von anfangs auch völlig unproblematisch, und so waren wir blind für die ersten Warnzeichen. Nachdem unsere Fehler Liv beinahe auf grässlichste Weise das Leben gekostet hätten (siehe Aufsatztext), sind wir gründlich kuriert.

Folgenschwere Überzeugungen

Gerade die unglaublich freiheitsliebende, laufstarke Liv nimmt nun die Einschränkungen durch die 40 Meterleine klaglos hin – und das viel mehr als das Herrchen!! Liv wartet nach Öffnen des Autohecktür solange, bis der Leinenhaken im ihrem Brustgeschirr einklickt, erst dann springt sie heraus und stürzt sich begeistert in den Ausflug – von Frustrationen keine Spur! Auch wenn sie an den 40 Metern Leine stark wegzieht, lässt sie sich bei normaler Reizlage sofort zurückrufen. Auch Heikki lässt sich ohne erkennbare Reaktionen länger an die Leine nehmen.

Doch nicht nur die süsse Liv schraubt die Anforderungen gewaltig hoch. Neben der Beanspruchung durch die Liv schlagen nun Heikkis Eigensinnigkeiten stärker zu Buche. Der schlaue Bär weiß natürlich, dass Liv immer angeleint ist. Naja, und so verabschiedet er sich vor Livs Nase gern mal frei tänzelnd in den Wald – tschüssi, ich geh dann mal! -, und Liv will sich natürlich hinterher katapultieren.

Heikkis Eigensinn

Ich verbrenne mir bei dem Versuch, ihre durchrauschende Leine zu halten, die Hände. Häufig fängt sich das Leinenende erst im Karabiner meines Brustgeschirres mit einem Schlag, der mich ein paar Meter hinterherlaufen lässt. Na, und dann mal sehen, wo das 40-Metertrum sich überall verheddert hat…

Wenn Heikkis Eigenmächtigkeiten zu arg werden, gehe ich mit ihm für den Abend ernst ins Gericht. Das merkt er sich auch für einige Zeit.

Copyright Martin Thurau

Fortsetzung mit Teil 4: ein Reichtum von Erlebnissen und Begebenheiten. Heikki zeigt uns das „Wie“. Und: was ist los mit hündischen Begegnungen in Deutschland?

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