Kennen Sie Klein – Priebus?

Posted in: Galerie, Stories
Tags:

Nein? Kein Grund sich zu schämen.

Dafür kennen Sie Willingen (Upland) oder etwa auch nicht?

Jetzt sollten Sie sich aber schämen. Immerhin steht hier der Welt größte Skisprung Großschanze, ca. 1,2 Mio. Touristen kommen jedes Jahr hierher um die Landschaft zu genießen.

Was das alles miteinander zu tun hat? Nun, beide Orte liegen 115 ltr. Autogas oder 6 Std. Fahrt voneinander entfernt. Ersterer direkt an der Neiße, also an der polnischen Grenze bei Görlitz, der zweite mitten im Sauerland.

Cirka 14 Tage nachdem ich meinen Bichon Friseé mit 15 Jahren einschläfern lassen musste, der 5 Jahre mit meiner Neufi Hündin Akira zusammen war stelle ich fest, dass hier etwas fehlt.

Ich hatte mir das toll vorgestellt. Aufstehen wann ich will und nicht, weil eine feuchte Schnauze nach rausgehen und Futter verlangt, bei schlechtem Wetter geht man nicht vor die Tür etc.

War aber nix. Kein Schwanzwedeln und freudiges begrüßen wenn man nach Hause kommt, kein Sabber an der Wand, saubere Fußböden, keiner der beim Essen zuguckt, ob man den Teller auch richtig leer gemacht hat usw. usw.

Ich stöbere mal ein bisschen im Internet rum und stoße zufällig auf die Neufi-in-Not Seite, kann aber auf Anhieb nichts Passendes finden.

Zwei Welpen stehen zur Vermittlung an, sind aber leider schon ziemlich fest verplant, wären wahrscheinlich für eine fast 67jährigen auch nicht das ideale wer weiß, wie lange ich Ihnen noch gerecht werden könnte.

Ich entschließe mich trotzdem mal anzurufen, vielleicht findet sich ja doch was.

Mein Wunsch ist eine ca. 4 Jahre alte Hündin. Frau Brabandt teilt mir mit, dass ich 10 Tage zu spät komme, Sie hat gerade eine solche vermittelt, schreibt sich aber meine Daten auf und wird bei passender Gelegenheit auf mich zu kommen. Pech gehabt.

Einige Tage später bekomme ich einen Anruf, es gäbe einen schwarz – weißen ca. 6 Jahre alten Rüden, aber der käme ja wohl nicht in Frage. Wieso eigentlich nicht?
Ich bekunde mein Interesse und soll weitere Infos per E-Mail bekommen.

Die Fotos und der Bericht über den Zustand und Charakter des Hundes wecken mein Interesse, also ans Telefon „Wo kann ich den Kameraden sehen“?

Langsam, langsam. Es gilt vorher noch einiges zu klären aber, Hartnäckigkeit zahlt sich aus und so kommt der Kontakt mit der für die Vermittlung zuständigen Frau Weber und der Pflegestelle bei Familie Queck zustande.

An einem Sonntag fahren wir los, mit dabei mein Sohn und seine 14jährige Dackelhündin.

Wir erreichen Klein – Priebus, auf der Veranda ein großer schwarzer Kopf der sich etwas hebt, weil bei uns im Auto lautes Kläffen beginnt. Den erhebt sich auch der Rest hinter dem Kopf und um mich ist es geschehen.

Was für ein Hund. Ruhig und souverän hört er sich das Zetern vom Dackel an, begrüßt freundlich einen Nachbarshund und eine kleine Ziege und geht dann gemütlich weiter zu Neiße, wo sein Pflegevater angelt, kommt langsam zurück und begrüßt nun auch uns aufs freundlichste.

Wir trinken Kaffee und genießen selbstgebackenen Kuchen und lernen, dass ein Handtuch nicht nur für die Hände, sondern auch für sabbernde Leftzen bestens geeignet ist.

Klappe am Auto auf, wird er einsteigen? Schon drin. Bei der Pflegefamilie fließen Tränen, ich habe ein schlechtes Gewissen.

Endlich zu Hause angekommen. War ja doch alles ganz schön anstrengend. Leine dran und ab. Chico hat bisher noch nichts zu seiner Erleichterung getan, macht er auch jetzt nicht.

Schlafen gehen mit der Angst im Nacken. Alle Stunde gucken ob er raus will aber nix.

Am nächsten Morgen immer noch nichts, mittags das Gleiche. Panik kommt auf.

Inzwischen sind 26Std. vergangen, da kommt mir der erlösende Gedanke. Ich erinnere mich eine meiner Deutschen Doggen, die aus Prinzip nicht an der Leine machte. Einen Hund der einen erst wenige Stunden kennt ohne Leine laufen lassen?
Kann das gut gehen?

Und ob das gut geht. Beide Geschäfte werden in einem Umfang erledigt der im Haus zu Katastrophe geworden wäre. Anschließend wälzen, rumtoben, anspringen usw.

Wieder rein ins Haus, etwas Pansen kauen (fördert übrigens das Sabbern ganz immens) und aufs nächste Fressen warten. Ich gehe kurz ins Bad, komme zurück und stehe vor der leeren Brötchentüte und einem Unschuldsblick nach dem Motto „Die lag schon hier“ was nicht ganz stimmt, den sie lag ziemlich weit hinten auf dem Tisch. (Fördert übrigens auch das Sabbern). Also abputzen und fertig machen zum großen Gang.

Ab ins Feld, die Leine los und dann geht’s ab. Chico donnert über die Wiesen, hoffentlich kommt er wieder zur Vernunft und zu mir zurück. Nach ein paar Umdrehungen und abermaligem Anlauf ist er da und geht mit mir gemeinsam unseren Weg. Lebensfreude pur, es geht einem wirklich das Herz auf, wenn man so etwas erleben darf.

Chico macht mir nur Freude. Er gehorcht, kennt alle Kommandos und befolgt sie auch, Schmusestunden müssen auch sein und werden sichtlich genossen.

Die erste Woche ist rum, mir scheint es, als ob Chico schon ewig hier wäre und auch er scheint sich einzuleben und sich wohl zu fühlen. Das muß natürlich dokumentiert werden. Statt beim ersten kann man auch beim zweiten Rufen kommen, jedes Geräusch wird von nun an mit lautem Bellen kommentiert. Dafür herrscht jetzt Ruhe, wenn ich morgens unsere Brötchen hole. (Eignen sich übrigens mit Leberwurst hervoragend zum Sabbern).

Ich habe alles richtig gemacht. Noch einmal ein aufrichtiges Dankeschön an Frau Brabandt, Frau Weber und Familie Queck für dieses wundervolle Tier, das mir nur Freude bereitet.

lightbox login donation
lightbox login donation beschreibung