Neufundländer, was ist mit dir passiert ??

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Wo sind die liebenswürdigen „Bären“ geblieben, so wie man sie kennt und so wie sie immer beschrieben werden ??
Wenn man die Rassebeschreibung über den Neufundländer liest, kommt doch kein anderer Hund für die Familie infrage, als der liebe, verschmuste und sanftmütige Bär.
Das war einmal !!! Heute muss man schon ganz genau hinschauen und überlegen, von wem man sich einen Neufi in die Familie holt. So ganz unbefangen kann man es nicht mehr angehen. Man muss sich sehr genau informieren, an welchen Züchter man sich wenden kann. Die erworbenen Pokale und Urkunden auf Ausstellungen sagen nichts über eine seriöse Zucht aus.
Es gibt – wie überall – eine Anzahl von verantwortungslosen Menschen, die nur auf das Geld achten und die Welpen in eine ungewisse Zukunft ziehen lassen.
Wir von „Neufundländer in Not e.V.  haben in den letzten Jahren schon öfter mal Hunde übernommen, die noch erzogen werden mussten. OK, das kommt vor. In solchen Fällen haben wir einen qualifizierten Hundetrainer mit „an Bord“, der die neuen Besitzer berät und ggf. vor Ort „erziehungstechnisch“ einweist und unterstützt.
Doch seit einiger Zeit häufen sich die Fälle, daß fast jeder an uns abgegebene Neufi auffällig ist! Sie sind absolut nicht sozialisiert oder erzogen, dafür total autoritär und respektlos. Diese Neufis kennen – trotz ihres Alters – überhaupt nichts; sie zucken bei jedem vorbeifahrenden Gefährt und auch bei unbekannten Geräuschen zusammen.
„Krönung“ sind natürlich die Exemplare, die auch mal richtig zubeißen, am besten ohne jegliche Vorwarnung; einfach mal so! Davon können „Herrchen“ und „Frauchen“ oder auch der Nachbar betroffen sein. Auch Kinder bleiben nicht verschont!
Atypisch für einen Neufundländer!  Von dieser Spezie hatten wir nicht nur  e i n e n  in unserer Vermittlung
–  n e i n  –  wir haben in den letzten  Jahren  6 (!!!) solcher „lieben, verschmusten Hunde“ übernommen. Egal ob Rüde oder Hündin, und auch nicht nur aus Hobby- oder Dissidenz-Zuchten.
Fragt man nach, wo der Hund herkommt, gibt es die tollsten Zuchtstätten.  Vom KELLER über’s GARTENHAUS, zwei Kilometer vom Wohnsitz des „Züchters“ entfernt; ohne Stromanschluß und ohne fließendes Wasser, oder aus GARAGEN und ehemaligen STALLUNGEN.
Die meisten dieser auffälligen Hunde kannten kein Haus von innen, keine Streicheleinheiten, keine Erziehung und auch keine Geborgenheit. Eine mit uns zusammenarbeitende Tierärztin bezeichnet solche Tiere richtigerweise als „Kaspar Hauser“ Hunde. Einigen dieser Exemplare konnte – durch speziell auf diese Problematik eingestellten Hundetrainer –  geholfen werden; doch wenn sie schon auffällig geworden sind und das zuständige Veterinäramt tätig geworden ist, kommt zur Auflage „das lebenslange Tragen eines Maulkorbs und absoluter Leinenzwang“!  Was für ein Neufi-Leben ??? Wendet man sich dann heute – um den Hunden zu helfen – an entsprechende Einrichtungen, stellt man schnell fest, daß diese schon – bundesweit – hoffungslos überfüllt sind und bis auf weiteres auch keine Hunde – zwecks Sozialisierung und Erziehung – aufnehmen können. Dort sind alle möglichen Rassen vertreten; leider auch die „sanften Bären“.  Eine tolle Leistung einiger „Turbo-Züchter“.  Herzlichen Glückwunsch!
Es wird auch oft nicht mehr darauf geachtet, wer einen Neufundländer übernimmt. Kennt der Betreffende die Bedürfnisse dieser Rasse? Kann er mit dem Hund umgehen? Besucht er eine Hundeschule?  Sind das Wohl des Hundes sowie erforderliche Tierarztbesuche gesichert?  Wo und wie wird der Neufi gehalten; darf er ins Haus usw.?
Dazu folgendes Erlebnis:  Vor kurzem habe ich einen Neufi übernommen und abgeholt, der 8 Jahre nur ausserhalb des Hauses leben mußte, bei jeder Witterung, Sommer wie Winter. Mit dem Erfolg, daß er in seinem neuen Zuhause das Haus nur ganz kurz verläßt und dann ganz schnell wieder zurückläuft. Er hat Angst, sein schönes neues Heim wieder zu verlieren. Spaziergänge, Tierarztbesuche sind leider zurzeit nicht möglich. Wir arbeiten daran!!
Wenn man das Verhalten einiger Züchter mitbekommt fragt man sich doch, wofür haben die Vereine eigentlich eine Zuchtordnung ? Da werden Deckrüden aus dem Ausland,  bevorzugt aus dem Osten, eingesetzt, die dieser unserer Zuchtordnung eventuell nicht entsprechen.  Haben wir im eigenen Land keine qualitativ hochwertigen Rüden mehr zur Verfügung? Wenn die Hündin sich nicht auf natürliche Weise belegen läßt, wird chirurgisch „nachgeholfen“. Vor einiger Zeit schrieb eine Tierärztin in der Vereinszeitschrift „UNSER BÄR“, daß die vorsorgliche Kastration einer Hündin ein Verstoß gegen § 1 des Tierschutz-Gesetzes darstellt.
„niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen …“     
Die Frage, ob eine chirurgische Insemination auch einen Verstoß gegen den § 1 TschG darstellt, wurde von der Autorin nicht beantwortet.
Sowie der VDH als auch die FCI sind offenbar nicht in der Lage, die Frage vernünftig zu beantworten. Der VDH agiert arrogant ohne auch nur auf das Thema einzugehen. Muss das alles so sein??  Was hat das noch mit Tierwohl zu tun; wenn nicht einmal dem Tierschutzgesetz die entsprechende Beachtung, Anwendung und Einhaltung zuteil wird.
Wenn man in „UNSER BÄR“ Ausgabe Dezember 2021 die Vorstellung des Hauptzuchtwartes liest, stellt muß man festellen, daß auch hier schon einige Ungereimtheiten – die Zucht betreffend – bekannt sind. Ein, vom Hauptzuchtwart an den Züchter gerichteter Appell, doch die Einhaltung der selbst gegebenen Ordnungen wieder zur Pflicht zu machen, sollte oberste Priorität für alle Züchter haben.  Aber warum soll man die Zuchtordnung beachten? Wenn von den Zuchtüberwachenden etwas reklamiert, bzw. ein grober Zuchtverstoß festgestellt wird, dann geht man einfach in einen anderen Verein; man hat ja nichts zu befürchten; es ändert sich doch nur der Aussteller der Ahnentafel. Wenn bei der Auswahl der zu verpaarenden Hunde auch wieder mehr auf die charakterlichen Eigenschaften geachtet wird und man bei den Welpenkäufern etwas genauer hinschaut, dann wäre unseren Bären in Zukunft schon sehr viel geholfen; Leinenzwang und das Tragen eines Maulkorbes bliebe ihnen sicherlich erspart.

Rolf Neuen
Neufundländer in Not e.V.   
März 2022

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